FER(N)FÜHRUNG GEGEN DEN OPERNBLUES – #1 DER ZUSCHAUERRAUM
Vermissen Sie es schon? Das Opernhaus zu betreten, den Platz im Zuschauersaal einzunehmen, den Sitznachbarn zu begrüßen, das Programm-Heft durchzublättern, das Einstimmen im Orchestergraben zu verfolgen, ungeduldig auf den Beginn der Vorstellung zu warten... Vielleicht hatten Sie auch eine Besichtigung des Opernhauses geplant, um mehr über diesen faszinierenden Ort zu erfahren? Dann soll Ihnen diese Fer(n)führung als kleine Entschädigung dienen!
Der Zuschauerraum ist neben der Bühne der zentrale Raum des Opernhauses. Seit ihrer Erbauung hat die Nürnberger Kulturstätte zwei große Renovierungsphasen durchlaufen.
VOR 1935
Das neue „Stadttheater am Ring“ in Nürnberg wurde im Jahre 1905 von Heinrich Seeling erbaut, zu jener Zeit ein sehr renommierter Theaterbauarchitekt. Mit Hilfe von Karl Selzer, einem Passauer Dekorationsmaler, konzipierte er den Innenbereich. Die aufwendige Ausstattung sollte dem zeitgenössischen Jugendstil entsprechen.
Ursprünglich hatte der Zuschauerraum mit seinen vier Rängen ein Fassungsvermögen von 1400 Sitzplätzen. Die Aufteilung in Ränge basiert auf der zu jener Zeit üblichen Unterteilung der gesellschaftlichen Schichten. Diese Klassentrennung ist auch anhand der Innenarchitektur und der Bodenbeläge zu erkennen (Teppich im Parkett und im 1. Rang, Holzfußboden im 3. und 4. Rang).
Der Zugang zum 2., 3. und 4. Rang wurde bewusst von der Parkettebene und dem 1. Rang getrennt, um das einfache Bürgertum und die Arbeiterklasse von den wohlhabenden Gesellschaftsschichten zu trennen.
NACH 1935
In der NS-Zeit fand ein massiver, ideologisch begründeter Eingriff in die Struktur des Hauses statt. Auf Anweisung von Adolf Hitler erhielt Paul Schultze-Naumburg 1935 den Auftrag, das Innere des Opernhauses innerhalb von sechs Monaten umzubauen. Er entschied sich für geradlinige und kühle sachliche Formen des Klassizismus, was eine Entfernung des Jugendstildekors und den Verlust der vorhandenen historistischen Ausstattung zur Folge hatte.
Im Zentrum des 1. Ranges wurde die sogenannte „Führerloge“ für Adolf Hitler eingerichtet. Den Stoffbezug der Logen ließ Hitler durch eine Damast-Bespannung in hellen Rot- und Orangetönen mit klassischem Granatapfelmuster ersetzen, wie sie in nahezu identischer Färbung und Gestaltung in der Pariser Opéra Garnier Verwendung fand. Teile dieser Bespannung sind noch heute auf der 4. Rangebene des Nürnberger Opernhauses erhalten.
Der Umbau des Opernhauses hatte ungeahnte Folgen. So hat durch die Sanierung des Zuschauersaals die Akustik erheblich gelitten. Das liegt hauptsächlich an der Veränderung der Saaldecke, vor allem an der abgeflachten Decke über dem Orchestergraben, wo sich ursprünglich ein Tonnengewölbe befand.
HEUTE
Von 1991-1998 durchlief das Theater zahlreiche Renovierungsphasen. Die Stühle wurden 1998 neu gepolstert und im 1. Rang komplett erneuert.
Aktuell hat der Zuschauerraum ein Fassungsvermögen von 1031 Sitzplätzen in drei Rängen –
der oberste 4. Rang ist nicht mehr für Besucher zugänglich. Er ist jetzt der Beleuchtungstechnik vorbehalten.
Die Ton- und Videokabine befindet sich mittig hinter dem 1. Rang und wird bei dem Einsatz
von speziellen Toneffekten, Videoeinspielungen oder Mikrofonie (allen voran bei Musicalaufführungen) eingesetzt. Auch die Übertitel werden von hier aus gesteuert.
Mehr Informationen erhalten Sie während einer THEATERFÜHRUNG.
Hier geht's zu Teil 2 der Fer(n)führungen
Hier geht's zu Teil 3 der Fer(n)führungen
Passend dazu:
Nach oben