Staatstheater Nürnberg

Stichtag: 29.10.1972 – Deutschsprachige Erstaufführung der „West Side Story“

Fast auf den Tag genau 47 Jahre vor der Premiere der aktuellen „West-Side-Story“-Inszenierung fand am Stadttheater Nürnberg die DeutschsprachigeErstaufführung des Musicals statt. Gut zehn Jahre zuvor hatte eine amerikanische Gastspieltruppe in München erstmals die „West Side Story“ in Originalsprache in der Bundesrepublik gezeigt, das war ein Flop gewesen. Inzwischen aber war die kongeniale Verfilmung der „West Side Story“ auch in deutschen Kinos mit großem Erfolg gelaufen, das Stück hatte sich eigentlich durchgesetzt. Doch die Premieren-Kritiken aus Nürnberg waren gemischter Meinung.

C45 III 522 4Pressebericht 1972 - Quelle: HZ/Stadtarchiv Nürnberg

Die Abendzeitung vom 31.10.72 spricht dem Stück grundsätzlich Qualität ab: „Der komponierende Dirigent Leonard Bernstein und der librettierende Choreograph Jerome Robbins versuchten emsig und vergeblich im 150-Minuten-‚Romeo-und-Julia‘-Zeitfahren der klassischen Liebesmär eine neue Dimension zu erschließen. (…) Vor fünfzehn Jahren mochte man sich vorübergehend sogar damit anfreunden, was die Amerikaner für Romantik halten. Bei der Nürnberger Premiere drängten sich jetzt jene Szenen in den Vordergrund, die selbst Kitsch-Großmeister Franz Lehár ein wohlwollendes Lächeln abgenötigt hätten.“ In den Nürnberg Nachrichten zeigt sich Willi Wörthmüller dagegen wortgewaltig von dem Stück beeindruckt: „Seit der ‚West Side Story‘ schmeckt der Name ‚Musical‘ anders. Süß-sauer stößt die Himbeersoße der Broadway-Unterhaltung in Leonard Bernsteins Hinterhof-Oper auf. Der Hass der Welt tropft als bittere Erkenntnis in den Whisky amerikanischer Selbstbeweihräucherung. Das wichtigste Werk des amerikanischen Musiktheaters schleudert das Bild einer zerrissenen Gesellschaft ins Parkett der Vergnügungssüchtigen: Im Schatten der Freiheitsstatue haben die Menschen seit Shakespeare nichts dazugelernt.“

1972 engagierte die Nürnberger Theaterleitung zahlreiche Spezialisten-Darsteller*innen für dieses Musical: Glenda Glayzer aus New York etwa, die sich anlässlich der Neuninszenierung der „West Side Story" über Facebook aus den USA wieder beim Staatstheater gemeldet hat. Drei Herren aus dem Opernensemble teilten sich die Rolle des Tony: „Wir hoffen, dass so oft gespielt wird, dass ein Tony verschlissen wäre“, berichtete der Regisseur den Nürnberger Nachrichten.  Bernardo wurde vom Solotänzer des Münchener Balletts gespielt, Graziella von der Primaballerina aus Nürnberg. Auch in der aktuellen Inszenierung sind viele Gäste zu sehen; 20 Musicaldarsteller*innen und drei Schauspielgäste stehen neben Hans Kittelmann (Tony) und Andromahi Raptis (Maria) auf der Bühne. Und noch etwas haben beide Produktionen gemeinsam: Karten sind wegen der großen Nachfrage nicht leicht zu bekommen. Doch was „Die Bunte“ schon 1972 dem Nürnberger Publikum riet, gilt auch heute: „Versuchen sollte man es auf jeden Fall…“

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