Staatstheater Nürnberg

Gebautes Drama

Dokumentation des Seminars „Gebautes Drama“, das gemeinsam mit der TH Nürnberg im Rahmen der Inszenierung MÄRCHEN IM GRAND-HOTEL stattgefunden hat.

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Video: Maja Wenker | Creative Commons BY-SA

Im Sommersemester 2024 haben sich Studierende des Studiengangs Architektur an der TH Nürnberg und ihre Dozentin Xiaotian Li mit dem Thema Bühnenbild beschäftigt. Unter dem Motto „Gebautes Drama“ setzten sich die angehenden Architekt*innen mit Paul Abrahams „Märchen im Grand-Hotel“ auseinander. Sie erschlossen sich Libretto und Musik der Jazz-Operette, erarbeiteten in Gruppen Regiekonzepte und entwickelten eine Idee für die Ausstattung.

Flankiert wurde das Seminar mit Führungen in den Werkstätten und im Opernhaus des Staatstheaters. Inhaltlich wurde die Studierenden durch Dramaturgin Wiebke Hetmanek begleitet, Einblicke in die Praxis gab Henriette Barniske, Referentin der Technischen Direktion.

Das Seminar wurde von Maja Wenker im Rahmen ihres FSJ-Kultur am Staatstheater Nürnberg begleitet.


Fünf Bühnenbildmodelle sind im Laufe des Seminars entstanden; fünf unterschiedliche Herangehensweisen, die die Gruppen in Storyboards, Skizzen sowie kurzen Stop-Motion-Filmen anschaulich darstellen.



MÄRCHEN IN DER DISCO (Gruppe 1)

Jennifer Renn
Sofie Widder
Stephan Ulrich

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Drehbuch/Zusammenfassung

Das Drehbuch erzählt die Geschichte von Marylou, die versucht, das heruntergekommene Plattenlabel ihres Vaters durch die Produktion eines Disco-Albums zu retten. Sie wettet mit ihm um die Kontrolle der Firma. Um Erfolg zu haben, wirbt sie die rebellische Isabella, Tochter eines Musikstars, an.
In einer Diskothek in Bonn entfaltet sich ein Drama aus Liebe, Lügen und Selbstfindung: Isabella verstrickt sich mit dem Barkeeper Albert, der sich als Sohn des Clubbesitzers entpuppt. Ihre toxische Beziehung zu ihrem Freund Andreas und ihre inneren Konflikte treiben sie an ihre Grenzen. Marylou versucht derweil, Isabella für das gemeinsame Projekt zu gewinnen.
Am Ende scheitert Marylou an ihrem Vater, der die Wette nicht einlöst, und Isabella erkennt Alberts Unehrlichkeit. Beide Frauen entscheiden, unabhängig von den Männern und alten Systemen ihren eigenen Weg zu gehen, inklusive der selbstständigen Veröffentlichung ihres Albums.

Bühnenbild

Diese Arbeitsgruppe hat das Drehbuch von „Märchen im Grand Hotel“ stark überarbeitet und die Geschichte in die schillernde Welt der 70er Jahre verlegt, wo eine Disco als Schauplatz dient.
Die romantischen Liebesverwirrungen des Grand Hotels werden in der Disco inszeniert, einem Ort für flirrende Flirts, glamouröse Tänze und intrigante Begegnungen in der VIP-Lounge. Die elegante Atmosphäre und Ausstattung des Hotels wird durch das extravagante Dekor der Disco ersetzt, die den Glamour der 70er Jahre mit Spiegelkugeln, Neonlichtern und schillernden Farben einfängt. Musikalisch verschmelzen klassische Operetten-Elemente mit Disco, Funk und Soul, wodurch die Epoche lebendig wird.
Wie im Original treffen auch hier verschiedene soziale Schichten aufeinander, diesmal in einer Discothek als bunt durchmischtem Treffpunkt. Die Themen der 30er Jahre – wie Sexismus, gesellschaftliche Klassen und Machtstrukturen – spiegeln sich in der Zeit der 70er, die von sexueller Befreiung, Kapitalismus, Drogenkonsum und neuen Szenen geprägt ist.



DAS MÄRCHEN IM GRAND-HOTEL (Gruppe 2)

Isabell Bräuer
Anna Düll
Jan Keilholz
Sarah Krapfenbauer
Tim Schneider

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Drehbuch

Diese Arbeitsgruppe hat das Drehbuch von „Märchen im Grand Hotel“ in die Gegenwart übertragen und die Geschichte an die moderne Welt der sozialen Medien und Kreativberufe angepasst. Die Hauptfigur Marylou ist eine aufstrebende Regisseurin, die sich in einer von Oberflächlichkeit und Konkurrenz geprägten Gesellschaft zurechtfinden muss. Isabella und Stephan, ehemals Figuren aus dem Grand Hotel, sind nun Influencer, die sich in einer Welt aus Followerzahlen, Markenkooperationen und digitalem Ruhm behaupten. Im Fokus der Handlung steht Marylous Befreiung aus emotionaler und finanzieller Abhängigkeit sowie die Suche nach echtem kreativen Ausdruck inmitten eines durchkommerzialisieren Umfelds.
Die Konfrontation mit den Influencern Isabella und Stephan thematisiert die Gegensätze zwischen Authentizität und Inszenierung, Selbstausdruck und Anpassung an Trends. Dabei wird deutlich, wie stark soziale Medien Machtverhältnisse und persönliche Beziehungen beeinflussen können. Die Geschichte ist nicht nur eine Reise zur Selbstfindung, sondern auch eine Reflexion über moderne Abhängigkeiten und die Balance zwischen Kreativität und Kapitalismus.

Bühnenbild

Das Bühnenbild ist modern und reduziert, arbeitet mit klaren Bildern und symbolischen Schlüsselobjekten, um die Orte der Szenen darzustellen. Ein wiederkehrender Vorhang dient als zentrales Element, das unterschiedliche Szenen voneinander abgrenzt und die Atmosphäre zwischen öffentlicher Inszenierung und privater Realität betont. Kameras und Scheinwerfer repräsentieren Marylous Welt als Regisseurin und verleihen der Bühne einen filmischen Charakter, während sie zugleich die allgegenwärtige Selbstinszenierung der Figuren in den sozialen Medien symbolisieren. Ein roter Teppich wird als wiederkehrendes Requisit genutzt, um Glamour und Prestige darzustellen, etwa bei Auftritten der Influencer oder für inszenierte Events. In der Reduktion des Bühnenbilds lenken diese Elemente den Fokus auf die Figuren und ihre Beziehungen, während Lichtdesign und Projektionen unterschiedliche Stimmungen und Schauplätze dynamisch andeuten.



DAS MÄRCHEN IM GRAND-HOTEL (Gruppe 3)

Nina Deutscher
Franziska Lehnert
Robert Wagner

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Bühnenbild

Diese Arbeitsgruppe hat sich ausschließlich auf die Gestaltung des Bühnenbilds konzentriert, ohne das Drehbuch von „Märchen im Grand Hotel“ zu verändern, und ein Konzept entwickelt, das die Transformation der Geschichte visuell erlebbar macht.

Das Bühnenbild von „Märchen im Grand Hotel“ ist eine visuelle Erzählung, die die innere und äußere Transformation der Figuren widerspiegelt. Zu Beginn präsentiert sich die Bühne in Schwarz-Weiß-Tönen, was die Starre und Monotonie des gesellschaftlichen und persönlichen Lebens der Figuren symbolisiert. Die schlichte Farbgebung verstärkt das Gefühl von Unterdrückung und Unfreiheit, insbesondere für Marylou, deren Emanzipation im Zentrum der Geschichte steht.
Die Farbpalette verändert sich schrittweise mit der Handlung: Während Marylou ihren Weg zur Selbstbestimmung findet, taucht die Bühne in immer lebendigere Farben ein. Diese farbliche Entwicklung steht für den Wandel der Atmosphäre im Hotel und die aufkeimende Individualität und Freiheit der Figuren. Die schrittweise Farbgebung ermöglicht es dem Publikum, visuell an der Metamorphose der Charaktere teilzuhaben.
Jede Figur trägt ein Kostüm in einer spezifischen Farbe, die ihre Persönlichkeit oder ihre Rolle in der Geschichte betont. Diese Farbwahl dient nicht nur der Charakterisierung, sondern auch der visuellen Orientierung im Ensemble. „Märchen im Grand Hotel“ erzählt nicht nur von der Selbstfindung der Hauptfigur, sondern auch von gesellschaftlicher Befreiung und der Macht der Individualität. Das Grand Hotel als Schauplatz symbolisiert die Hierarchien und Konventionen, gegen die sich die Figuren auflehnen. Das Bühnenbild macht diesen inneren und äußeren Konflikt spürbar.



DAS MÄRCHEN IM GRAND-HOTEL (Gruppe 4)

Lisa Hofmann
Konstantin Hüsch
Markus Kuchlbauer
Paula Mertens
Eva-Maria Sölch

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Drehbuch

Die Geschichte orientiert sich weitgehend an der Original-Storyline von „Märchen im Grand Hotel“, wird jedoch durch einige überraschende Wendungen aufgelockert. Im Mittelpunkt steht Marylou, die sich aus der konservativen und starren Welt des Hotels zu befreien versucht. Doch ein unerwarteter Todesfall wirft die bisherigen Intrigen und Liebesverwicklungen über den Haufen. Das Ereignis zwingt Figuren, die sich sonst nie aufeinander eingelassen hätten, dazu, zusammenzuarbeiten, um die Wahrheit hinter dem Vorfall aufzudecken.
Marylou schließt eine unerwartete Allianz mit Isabella, die zunächst als Widersacherin erscheint. Gemeinsam decken sie nicht nur dunkle Geheimnisse und Intrigen auf, sondern stellen auch die strengen Machtstrukturen des Hotels in Frage. Während die Spannung durch überraschende Enthüllungen und dynamische Wendungen steigt, entwickelt sich Marylous Geschichte zu einer Reise der Befreiung und Veränderung. Der Todesfall wird dabei zum Auslöser für die Auflösung der alten Ordnung und den Beginn einer neuen, lebendigeren Ära im Hotel.

Bühnenbild

Das Bühnenbild dieser Gruppe besteht aus einem einzigen großen, drehbaren Element, das die gesamte Dimension der Bühne ausfüllt und die beiden kontrastierenden Welten der Geschichte visualisiert. Auf der einen Seite zeigt das Element eine schwarz-weiße, minimalistisch gestaltete Szenerie, die die konservative, starre Welt repräsentiert, in der Marylou zu Beginn gefangen ist. Diese Seite ist geprägt von klaren, geometrischen Linien und kühler, nüchterner Ästhetik. Hier dominieren Symmetrie und Ordnung, um die einengenden Konventionen und den Mangel an Lebendigkeit in Marylous anfänglichem Leben zu symbolisieren.
Im Verlauf der Handlung dreht sich das Bühnenbild, und auf der Rückseite erscheint eine bunte, lebendige Szenerie, die das Hotel darstellt. Diese Seite ist geprägt von verspielten Formen, leuchtenden Farben und dynamischen Details, die die Aufbruchsstimmung und die sich verändernde Perspektive der Figuren widerspiegeln. Die Drehbewegung des Bühnenelements wird zu einem zentralen visuellen Moment und verdeutlicht den Übergang von Monotonie und Anpassung hin zu einer Welt voller Individualität und emotionaler Befreiung.



HIGH SOCIETY LOVE (Gruppe 5)

David Damovsky
Sebastian Henschel
Christian Jungnitz
Florentin Teucke
Ben Trinkwalter

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Drehbuch

Diese Arbeitsgruppe hat das Drehbuch von „Märchen im Grand Hotel“ in die Neuzeit verlegt und als Reality-TV-Format neu interpretiert. Die Handlung spielt in einer inszenierten Welt, in der Teilnehmer:innen von Kameras rund um die Uhr beobachtet werden und sich in einem künstlich geschaffenen Mikrokosmos bewegen. Die zwischenmenschlichen Intrigen, Machtspiele und Liebesverwirrungen des Originals spiegeln sich in der Dynamik zwischen den Charakteren wider, die durch die ständige Präsenz der Kameras und das mediale Urteil verschärft werden.
Marylou, die zentrale Figur, ist zunächst eine unscheinbare Kandidatin, die sich zunehmend gegen die vorherrschende Dynamik behauptet. Isabella und Stephan sind manipulative Charaktere, die versuchen, Marylou für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Das Format thematisiert nicht nur die Beziehungen der Figuren, sondern auch die Effekte der permanenten Selbstinszenierung und des sozialen Drucks. Marylous Emanzipation zeigt sich darin, dass sie sich von den manipulativen Spielregeln der Show löst und ihre eigene Authentizität findet, während andere Charaktere in der Fassade ihrer inszenierten Rollen gefangen bleiben.
Das Stück nutzt die Mechanismen von Reality-TV – dramatische Wendungen, öffentliche Demütigungen, erzwungene Nähe und soziale Ausgrenzung – um die Abhängigkeiten und Machtstrukturen der Figuren zu verdeutlichen. Dabei werden moderne Themen wie Voyeurismus, mediale Selbstdarstellung und die Grenzen von Realität und Fiktion kritisch beleuchtet.

Libretto

Das Bühnenbild besteht aus modularen Cuben und Wänden, die flexibel verschoben und neu angeordnet werden können. Dadurch entsteht eine Vielzahl von Räumen mit minimalem Aufwand. Diese Cuben sind außen in schlichtem Weiß gehalten, was die sterile und künstliche Umgebung der Reality-TV-Welt betont. Die Innenräume der Cuben sind hingegen bunt und individuell gestaltet, um die jeweilige Szene oder den Charakter, der dort agiert, zu reflektieren. Die Cuben erlauben schnelle Szenenwechsel und verdeutlichen die wechselnden Schauplätze der Show, von Gruppenszenen im Wohnbereich bis zu intimen Gesprächen hinter verschlossenen Türen.
Das Bühnenbild und die Thematik machen diese Version von „Märchen im Grand Hotel“ zu einer zeitgenössischen Reflexion über die Auswirkungen medialer Inszenierung auf menschliche Beziehungen.


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